Steil ragt ein Teil des Mahnmals gegen Krieg und Faschismus von Alfred Hrdlicka am Helmut-Zilk-Platz in die Höhe. Eine „Kletterwand“, nur wenige Meter vom Pool entfernt. Ponyhof, eigene Gartenanlage und luxuriöse Innenausstattung gehören zum Angebot ebenso wie eine Shoppingmall und ein Spa-Bereich. Wohnen in der City und doch im Grünen: Wer möchte das nicht – wäre da nicht die Tatsache, dass die vermeintliche Luxussiedlung ein aus Rettungsdecken bestehendes Kunstprojekt und die Parkanlage in Wahrheit eine Gedenkstätte ist. Das Gelände ist dementsprechend nicht zur Bebauung zugelassen. Noch heute sind die Überreste von schätzungsweise mehreren 100 Menschen, die durch einen Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg in den Luftschutzanlagen des ehemaligen Philipphofs qualvoll ums Leben kamen, hier verschüttet. Trotzdem fungiert die kleine Grünfläche hinter dem Hrdlicka-Mahnmal für manchen Anrainer mittlerweile seit Jahren als Hundeklo. Eine unerfreuliche Entwicklung, von der auch die Künstlerinnen und Künstler des Projekts „Philipphof Parkside ***** Glaube Siedlung Hoffnung“ bereits ein Liedchen singen können. Seit Mitte Mai hat die Gruppe hier ihre Zelte aufgeschlagen.
Eingeladen wurde das lose Künstlerkollektiv rund um Installations- und Performance-Künstlerin Barbara Ungepflegt (vielen dürfte Ungepflegt, die eigentlich Barbara Kremser heißt, noch von ihrem Projekt „Airpnp Air Pause and Peep“ – im Rahmen dessen Sie für zwei Wochen eine Bushaltestelle bewohnte – ein Begriff sein) vom Theatermuseum im Rahmen der aktuell gezeigten Ausstellung „Ich denke ja gar nichts, ich sage es ja nur“ zu Ödon von Horváth. Der Schriftsteller, der gerne sozialpolitische Stoffe wie unter anderem die Perspektivenlosigkeit in der damaligen Gesellschaft nicht selten gepaart mit der Unterdrückung der Frau mit spitzer Feder zu Papier brachte ist am 1. Juni 1938, vor 80 Jahren, verstorben.
Zeitkritik einst und heute
Zeitkritik übt man auch mit der begeh- und bewohnbaren Installation, die ihren Titel Horváths Drama „Glaube Liebe Hoffnung“ verdankt. Einerseits, so eine der Akteurinnen, wolle man auf die in Vergessenheit geratene Geschichte des Philipphofs und den heute respektlosen Umgang mit dem Gelände aufmerksam machen (über die Nacht angehäuften Hundekot einsammeln und Diskussionen mit Hundebesitzern seien in den vergangenen Tagen keine Seltenheit gewesen) sowie andererseits auf die steigenden Immobilienpreise hinweisen. Wohnen – für viele auch in Wien bald ein Luxusgut.
Als ironisches Pendant zum „Goldenen Quartier“ wenige Gehminuten entfernt glänzen die goldenen Kugelbauten der „Künstlersiedlung“ in der Sonne. Während Luxusmarken am Kohlmarkt ihre Waren feilbieten und die Mietpreise vielerorts in Wien vermehrt beginnen ins Unermessliche zu steigen, stapft man in der temporären Parkside Siedlung über Planken von Wohnobjekt zu Wohnobjekt. Wer will, kann schon einmal Fliesen aussuchen, Böden testen oder sich bei Grillabenden mit den „BewohnerInnen“ austauschen. Gerne informiert man über Mietpreise, Lage und Wärmedämmung. Am Immobilienmarkt weht derzeit ein rauer Wind.
Philipphof Parkside ***** Glaube Siedlung Hoffnung
Noch bis 1. Juni 2018
Helmut-Zilk-Platz
1010 Wien
www.barbara-ungepflegt.com
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